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Wenn das Dorf zum Hotel wird, profitieren alle

Dorf Grengiols von oben

Ein dezentrales Hotel wie das POORT A POORT in Grengiols stellt eine geeignete Antwort auf geänderte Rahmenbedingungen dar und ermöglicht neue Impulse für die Bergdörfer.

Albergo diffuso nennt sich die ursprüngliche Idee in Italien. Nördlich des Alpenkamms spricht man lieber vom dezentralen Hotel. Das Dorf wird zum Hotel. Leerstehende oder wenig genutzte Gebäude werden in eine zentrale touristische Bewirtschaftung eingebunden. Grengiols zeigt mit POORT A POORT, wie das geht. Das Konzept des dezentralen Hotels hat dabei mannigfaltige Vorteile.

Attraktive Dorfkerne für Einheimische und gäste


Dank dem dezentralen Hotel kann der Ortskern wieder belebt werden. Viele Bergdörfer kämpfen damit, dass sich die Ortskerne entleeren. Die Dörfer verlieren dadurch weiter an Attraktivität. Nicht nur für die Einheimischen, sondern auch für die Gäste. Das dezentrale Hotel bringt neues Leben in diese Ortskerne und trägt auch dazu bei, dass wieder vermehrt Dienstleistungen und Güter im Ortszentrum nachgefragt werden. Der Dorfladen, die Dorfbeiz, die Poststelle usw. verzeichnen wieder mehr Frequenzen und bleiben längerfristig erhalten.

Das dezentrale Hotel als Erfolgskonzept für mehr touristische authentizität


Viele Feriengäste suchen in den Bergdörfern das Authentische, Ursprüngliche. Die Corona-Pandemie hat diesen Wunsch noch verstärkt. Das dezentrale Hotel bietet dazu eine geeignete Antwort. Die Gäste können in das Dorf eintauchen, sie werden Teil des Dorflebens und nicht nur passive Zuschauer. Nicht alle Bergdörfer können wie Andermatt auf einen reichen Sponsor zählen. Das dezentrale Hotel stellt für diese Bergdörfer ein ideales Entwicklungsmodell dar und basiert auf bereits bestehenden Infrastrukturen. Diese müssen in der Regel modernisiert werden. Davon profitiert auch das örtliche Baugewerbe.

Innenentwicklung fördern & bestehende bausubstanzen besser nutzen


Das Konzept des dezentralen Hotels bietet zudem eine Antwort auf geänderte politische Rahmenbedingungen. Das im Jahr 2013 revidierte eidgenössische Raumplanungsgesetz verpflichtet die Gemeinden, überdimensionierte Bauzonen zurückzuzonen und die Siedlungsentwicklung nach innen zu lenken. Der Ansatz des dezentralen Hotels ist auch in diesem Zusammenhang zu sehen, da er die Innenentwicklung fördert und bestehende Bausubstanz besser nutzt. Das gleiche gilt auch in Bezug auf die Zweitwohnungsgesetzgebung. Seit 2012 ist der Bau neuer Zweitwohnungen verboten. Hingegen ermöglicht die Zweitwohnungsgesetzgebung bewusst die Umnutzung bestehender Gebäude zu Zweitwohnungen.

Fassade eines Hauses auf der Hockenmatte bei Grengiols

Grengiols als Vorbild für andere Bergdörfer


Grengiols setzt mit POORT A POORT auf die richtige Karte. Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete (kurz: SAB) hatte bereits in der Startphase des Landschaftsparkes Binntal eine entsprechende Idee eingebracht und ist erfreut, dass diese Idee nun aufgegriffen und realisiert wird. Grengiols kann damit auch zum Vorbild für andere Bergdörfer werden. Seitens der SAB unterstützen wir deshalb den Erfahrungsaustausch unter Bergdörfern zum Thema Dorfkernentwicklung. Der erste Erfahrungsaustausch fand im Jahr 2019 nicht ganz zufällig in Grengiols statt. Für das zweite Treffen vom 12. und 13. Mai 2022 hat sich das Val Müstair anerboten. Durch derartige Treffen können die Gemeinden voneinander lernen und sich gegenseitig inspirieren. Mit POORT A POORT öffnen sich somit viele neue Türen, nicht nur in Grengiols.


Die Berggebiete und ländlichen Räume stehen vor grossen Herausforderungen. Megatrends wirken sich sehr direkt auf die Berggebiete aus und akzentuieren die Herausforderungen, bieten aber auch Ansatzpunkte für neue, positive Entwicklungen. Die SAB setzt sich ein für die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Interessen der Bergbevölkerung gegenüber Bund und Kantonen sowie gegenüber den Trägern der Raumordnung, der Wirtschafts-, Kultur- und Sozialpolitik.

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Unser Gastautor: Thomas Egger


Portrait Thomas Egger

Der Geograf Thomas Egger, 1967, ist Direktor der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete SAB und wohnt in Visp.


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